Neubau mit Herz

„ALS TEAM VERSTEHEN_ dass ein Dach überm Kopf nicht warten kann.“

„ALS TEAM VERSTEHEN_ dass
ein Dach überm Kopf
nicht warten kann.“
NICHT JEDE:R IN BERLIN kann sich eine schicke Penthouse-Wohnung leisten. Im Gegenteil: Viele leben, verschärft durch die Krisenjahre, an der Armutsgrenze und sind von Wohnungslosigkeit bedroht. Hier wollen wir helfen, und zwar schnell: Bei unserem Bauprojekt in Marzahn-Hellersdorf haben wir in einer Rekordzeit von eineinhalb Jahren 87 Apartments für das Unionhilfswerk realisiert.

Macht es einen Unterschied, ob man einen sozialen Wohnungsbau oder das x-te Hotel auf die Beine stellt? Paul Weihermüller kann bei dieser Frage nur entschieden nicken. Der Neubau in der Marchwitzastraße ist das erste Projekt, das der studierte Betriebswirt übernimmt, als er während der Pandemie 2021 zu berlinovo kommt. Und er spürte hier von Anfang an, was die Arbeit so erfüllend macht: einen Beitrag leisten zu können. Ein echtes Problem mit und für Berlin zu lösen. Zu beweisen, dass man eine Wohnanlage in weniger als zwei Jahren bauen kann, wenn alle an einem Strang ziehen. Robert Linthe, Teamleiter Abteilung Finanzen, agiert nicht nur bei diesem Projekt an seiner Seite. Beide nehmen uns mit hinter die Kulissen.

18 Monate Bauzeit sind ein positiver berlinovo-Rekord
Das Bauprojekt Marchwitzastraße 33 in Berlin-Marzahn-Hellersdorf.

(K)EIN NORMALER ABLAUF

Besonders ist eigentlich schon das Segment des Neubaus selbst. Als strategischer Immobilienpartner des Landes Berlin legt berlinovo den Schwerpunkt auf Projekte, die bezahlbares Wohnen für Studierende, Beschäftigte in öffentlichen Landes- und Verwaltungsunternehmen und Senior:innen möglich machen. Bei diesem und einem zweiten bereits realisierten Projekt kommt nun das Engagement im Segment „Institutionalisiertes Wohnen“ dazu. Die überwiegende Nutzung wird hier durch eine Vermietung an einen sozialen Träger definiert: Im Fall der Marchwitzstraße ist dies das Unionhilfswerk, der große gemeinnützige Verbund in Berlin, der Menschen in den unterschiedlichsten Lebenslagen Hilfe zur Selbsthilfe gibt.

Als die Anfrage vor zwei Jahren an berlinovo herantragen wird, gibt es schon einen Mietvertrag für die Zukunft, den das Unionhilfswerk abgeschlossen hat. Allein das mit dem Gebäudebau gestaltet sich schwierig und die Realisierung gerät ins Straucheln. berlinovo springt ein. Denn die Dringlichkeit ist hoch. „Es ging nicht darum, ob wir diesen speziellen Wohnraum wollen, sondern dass wir ihn brauchen“, betont Projektleiter Paul Weihermüller. Die neuen Apartments sollen von Obdachlosigkeit bedrohten, geflüchteten und/oder Schutz suchenden Menschen eine Unterkunft bieten und gleichzeitig eine Betreuung beinhalten, die hilft, den Weg zurück ins Leben zu finden.

Das kann eine einfache Geflüchteten- oder Notunterkunft nicht leisten. Deswegen erlebt berlinovo auch auf Bezirksebene Rückenwind: Die Baugenehmigung ist innerhalb von drei Monaten da, ein weiterer Rekord. Die erste Schnittstelle mit der Finanzierung gibt es schon sehr früh. „Klar kam man mit der Frage auf mich zu, ob dieses ambitionierte Projekt in dieser Assetklasse überhaupt zu finanzieren ist ohne die Sicherheit einer Standardmiete“, erklärt Robert Linthe. Aber auch hier hat sich die Welt weitergedreht und ein Umdenken stattgefunden. So hat der spätere Finanzierungspartner, die HypoVereinsbank, ein Programm aufgelegt, das nachhaltige Kriterien in den Mittelpunkt der Kreditbewilligung stellt. Das „Social Impact Banking“ ist für Investitionsprojekte gedacht, die eine positive, messbare soziale Wirkung für die Gesellschaft schaffen. Dafür ist das Wohnhaus in der Marchwitzastraße wie gemacht. Nachhaltige Aspekte erfüllt es unter anderem durch den sozialen Nutzungszweck, die teilweise barrierefreie Bauweise und die Integration einer Photovoltaikanlage. Also steht der Ausführung nichts mehr im Weg oder doch?

Projektleiter Paul Weihermüller und Robert Linthe, Teamleiter Abteilung Finanzen.
Projektentwickler Paul Weihermüller (l.) und Robert Linthe, Teamleiter Abteilung Finanzen
Projektplan für das Objekt in der Marchwitzastraße 33.

Die Nachbarschaft an Bord holen

Eine berechtigte Sorge ist, bei den direkten Anwohner:innen auf Widerstand zu treffen. Denn die Vorstellung, dass inmitten des eigenen Wohnumfelds eine Art Obdachlosenheim entstehen soll, löst in den seltensten Fällen Begeisterungsstürme aus. „Sobald der erste Bauzaun steht, greifen meist schon wilde Spekulationen um sich“, weiß Robert Linthe aus Erfahrung – eine Entwicklung, die das Team gern verhindern möchte. In einem durchdachten Bürgerdialog werden die Anwohner:innen abgeholt und transparent über Sinn und Zweck des Neubaus informiert.

Schnell ist allen klar, dass hier eben keine Bahnhofsmission oder ein Containerdorf entsteht, sondern eine Wohnanlage mit moderner, ansprechender Architektur, die sich harmonisch ins Umfeld einfügt. Deren Bewohner:innen wird eine langfristige Perspektive geboten, bei der es vorrangig um die Wiedereingliederung geht. So kommt zur Akzeptanz auch Verständnis. Schließlich ist das Thema, einmal von Wohnungsnot betroffen zu sein oder Schutz suchen zu müssen, etwas, das jedem passieren kann. „Ich glaube, falls einem selbst so etwas geschieht, ist man froh, in eine integrative Lage zu kommen, die einem Wohnumfeld entspricht, um mal wieder durchzuatmen, um Kraft zu tanken, um die nächsten Schritte zu gehen“, ergänzt Paul Weihermüller. Tatsächlich umfasst das Konzept des Unionhilfswerks ein lückenloses Betreuungsangebot, das die Bewoh-ner:innen schützt, versorgt und berät. Vor allem zielt ihre Arbeit darauf ab, das Selbstvertrauen der Menschen wieder aufzubauen – Selbstvertrauen, das sie brauchen, um aufzustehen und zur Behörde zu gehen, die notwendigen Unterlagen aufzubereiten, eine Meldeadresse zu erhalten, Sozialleistungen zu beantragen und so vieles mehr.

Die moderne Architektur fügt sich perfekt in das wohnliche Umfeld in Marzahn-Hellersdorf ein.
Die moderne Architektur fügt sich perfekt in das wohnliche Umfeld in Marzahn-Hellersdorf ein.
Die Projektarbeit bei berlinovo verläuft immer multidimensional
Tischtennisplatten und Spielplatz vor dem Objekt in der Marchwitzastraße 33.

Teamfaktor Vertrauen

Die Zusammenarbeit zwischen Robert Linthe und Paul Weihermüller als klassischem Tandem hat sich in über zwei Jahren eingespielt. Da herrscht spürbar eine große Einigkeit und Zugkraft. Natürlich gehören zum erweiterten Team, sowohl intern als auch extern, viele weitere Menschen dazu. „Die Arbeit bei berlinovo verläuft immer multidimensional“, erklärt der Finanzexperte. Zu dem meist zweiköpfigen Startteam gibt es im Verlauf des Projekts Schnittstellen ins Recht und ins Controlling. Spätestens wenn das Licht der Realisierung erblickt wird und es in die Ausführung geht, kommen Kolleg:innen aus der Technik dazu. Und dann sind natürlich Fachleute aus der „anderen Welt“ involviert. Teilweise sind dies externe Entwickler:innen, die Projekte vorentwickelt haben, Baufirmen, also Generalunternehmer, die die Ausführungen verantworten, begleitet von entsprechenden Planer:innen z.B. für die Hochbauplantechnik. Je nach Nutzungsrat werden die zukünftigen Mieter:innen, wie das Unionhilfswerk, fest in das Projekt eingebunden. Ist berlinovo selbst die Betreiberin, gibt es rechtzeitig einen Austausch mit der Bewirtschaftung. Das verbindende Element? Das Vertrauen in die Fähigkeiten des anderen und das Commitment ans gemeinsame Ziel. Jede:r will die Dinge ins Laufen bringen, ein Rädchen greift in das andere. „Wir wollen ja nicht, dass es nur vollendete Tatsachen gibt und man nur eben rüber ruft: ‚Ist fertig‘.“

Alles für Berlin

Jetzt sind die Schlüssel übergeben, die ersten Bewohner:innen eingezogen und der Rummel, der die eilige Bauphase geprägt hat, ist längst verflogen. Und es tut gut, heute auf die schöne Fassade eines Neubauprojekts von berlinovo zu schauen, das in vielen Punkten einfach reibungslos funktioniert hat und mit gutem Gewissen an das Unionhilfswerk übergeben werden könnte. Stellt sich abschließend die Frage: Welche Rolle spielt der Standort Berlin für das eigene Engagement? Robert Linthe fährt jeden Abend nach der Arbeit nach Brandenburg zurück und genießt dort die vergleichsweise dörfliche Ruhe. Dennoch hängt sein Herz an seiner Wirkungsstätte. Es bereitet ihm Freude, aus einer Stadt, die beileibe nicht perfekt ist, das Beste rauszuholen und etwas zum Thema Wohnungslosigkeit und Daseinsfürsorge beizutragen. Auch der gebürtige Berliner Paul Weihermüller schätzt es, in einem Unternehmen zu arbeiten, das Verantwortung in seiner Heimat übernimmt. „Sozialen Wohnungsbau können wir ganz gut“, schließt er lächelnd. Sein nächstes Projekt steht schon in den Startlöchern. Für die Caritas, wieder so etwas Erfüllendes.

Projektleiter Paul Weihermüller und Robert Linthe, Teamleiter Abteilung Finanzen, im Gespräch